Mainzer Rhein-Zeitung vom 12.02.2007
OB Becker in Fängen der Russen-Mafia
Meenzer Drecksäck nehmen auch in zwölfter Kampagne kein Blatt vor den Mund - Premiere im Zug
MAINZ. In der närrischen Metropole dreht sich alles nur noch um Kohle, meinen die Meenzer Drecksäck. Aber wenigstens macht der OB zitierfähige Sprüche über hedonistische Damen, die sich am Rhein sonnen. Folgerichtig stellen die Meenzer Drecksäck ihre zwölfte Kampagne unter das Motto "Kohle, Koks un Kokolores - Drecksäck, Sau un anner Zores... un am Rhein liescht das Dolores". Ihre saustarke Trunksitzung am Samstag sorgte für ein volles Haus der Jugend.
Los ging"s mit dem Eröffnungsfilm, der in diesem Jahr zu einem 40-minütigen Epos in drei Teilen ausgeweitet wurde: OB Peter Becker ( Günter Beck ) und seine Sippschaft geraten in die Fänge der Russenmafia, drehen Mainz den Gashahn ab und reaktivieren die Weisenauer Kohlegruben. Auch für diesen Film, der durch aufwendige Kameraführung und Montage besticht, haben die Drecksäck allerlei Mainzer Promis gewinnen können: In Nebenrollen sind unter anderem OB Jens Beutel, die Dezernenten Kurt Merkator und Franz Ringhoffer sowie 05-Trainer Jürgen Klopp zu sehen.
Als Moderatoren-Doppelspitze führen Günter Beck und Birgit Schütz gekonnt durchs Programm. Ihre Kabarett-Stücke sind eine Klasse für sich.
Als erster Solo-Künstler betritt Straßenmusiker Joachim Knapp die Bühne, leicht paranoid, denn Polonium, Bulgarium und Rumänium lauern seit der EU-Osterweiterung überall. Zum ersten aber nicht zum letzten Mal an diesem Abend bekommt auch die Wiesbadener SPD ihr Fett weg: "Da hoffen die Genossen, dass alle anderen die OB-Wahl auch verpennen."
Einen alten Menschheits-Traum erfüllt sich der Schwullesbische Chor "Die Uferlosen" und erschafft ein künstliches Wesen, die personifizierte Meenzer Fassenacht. Ihre Version der Rocky-Horror-Picture-Show kommt an, Beck bringt es auf den Punkt: "Noch nie waren sie so gut!"
Wie kann die Bundeswehr Frieden nach Afghanistan bringen, fragt sich die "Laienspielgruppe Deutschland". Hermann Junglas als Major hat die Antwort: "Wir feiern Fassenacht am Hindukusch!"
Die "Werksärzte der Klinik für posteuphorische Stress-Symptome" behandeln die Folgen des WM-Taumels, und die an Laola-Athrose erkrankten "Lustigen Apathiker" geben die Fußball-Hymne der Sportfreunde Stiller zum Besten. Werksarzt Markus Höffer-Mehlmer beglückt das Publikum im Laufe des Abends noch mit seiner Solo-Nummer als Sperma-General und bringt die Narren als Fassenachts-Knigge stilsicher durch die Zeit vor Aschermittwoch.
Wieder extrem bissig und böse kommt Prediger Peter H. Eisenhuth daher, musikalisch unterstützt von seinem Ministrantenchor. Dieser ultimative Jahresrückblick verschont niemanden: Ohne mit der Wimper zu zucken, wirft Trudy Magin zum Lied vom Gammelfleisch-Skandal Würstchen ins Publikum.
Ein echter Hingucker sind die Kostüme der Rheintöchter, die gemeinsam mit Weingott Bacchus das Spiel mit der Alliteration auf die Spitze treiben und vierstimmig besingen, warum es in Mainz so schön ist. Nicht fehlen auf der Drecksäck-Sitzung darf die Männertanzgruppe, dieses Mal im Hip-Hop-Style mit Käppi und Kapuzenpulli.
Die musikalische Untermalung übernehmen wieder "Toni Ernst und die Hämmerle", die zu Rock-Klassikern freche Meenzer Mundart dichten. Mit ihrer "Ode an die Helfer" endet die Sitzung fast besinnlich.
Zum ersten Mal werden die Drecksäck übrigens offiziell beim Rosenmontags-Zug dabei sein. Sie haben den letzten Zugwagen ergattert.
Leonie von Bremen